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Die Wasserversorgung Torneschs von 1945 - 1960

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(vom 30.03.2021)

Von 1943 - 1949 kamen fast 2.900 Personen durch Flucht vor dem Krieg nach Tornesch. Damit hatte sich die Gemeinde innerhalb weniger Jahre verdoppelt. Nicht nur Wohnraum war knapp, auch die Wasserversorgung war aufgrund des schnellen Zuwachses ein massives Problem.

Folge der akuten Wohnungsnot waren zum einen Einquartierungen in Wohungen und Häuser und das Errichten von Baracken. Auch ausgediente Eisenbahnwaggons wurden über Jahre hinweg Wohnraum für ganze Familien. Wer dann eine aus dem Marshallplan mitfinanzierte Wohnung am Grevenberg ergattern konnte, empfand selbst mit vier Personen eine 50 m²-Wohnung, die über Leitungswasser, Spültoilette, Badewanne und Gasherd verfügte, als großen Luxus. Hierfür war allerdings auch viel Eigenarbeit erforderlich. So erhielt zwar der hiesige Kupferschmiedemeister Rudolf Fähndrich den Auftrag, Rohre auf dem Baugelände Grevenberg zu verlegen. Doch die Erdarbeiten wurden wegen knapper Gemeindekassen in Gemeinschaftsarbeit von den "Wasserentnehmern" durchgeführt.

Neue Häuser - aber ohne zentrale Ver- und Entsorgung

Für viele Haushalte blieben diese Annehmlichkeiten in Tornesch aber noch bis in die 1960er Jahre ein Wunschtraum. So hatten die ersten Häuser der 1946 gegründeten gemeinnützigen Heimstätten- und Siedlungsgesellschaft im Akazienweg weder Wasserleitung noch Kanalisation. Mehrere Mieter teilten sich Schöpfbrunnen, aus denen das Wasser eimerweise in die Häuser getragen wurde. Am samstäglichen Badetage wurde Wasser aus Regentonnen im Waschkessel im Stall erhitzt und in Eimern in die Küche getragen, wo eine Zinkwanne stand. Ein Familienmitglied nach dem anderen nahm nun ein kurzes Bad. Statt einer Spültoilette war im Akazienweg noch viele Jahre hinweg das Eimerklo im Stall üblich.

Noch schlechter war die Wasserversorgung in den Baracken an der Jürgen-Siemsen-Straße. Dort teilten sich 56 Bewohner eine Wasserzapfstelle.

Eine andere Herausforderung hatten die Siedler des Neubaugebietes Esinger Moor, wo Brunnen- und Regenwasser genutzt wurden. Doch der moorige Untergrund erwies sich bald als gesundheitlich problematisch. Es dauerte allerdings noch bis 1956, als das Landesamt für Wasserwirtschaft die Erlaubnis für die Erweiterung des Wasserrohrnetzes in die Siedlung erteilte.

Tornesch will ein eigenständiges Wasserleitungsnetz

In den ersten Nachkriegsjahren wird Tornesch mehr schlecht als recht durch das Uetersener Wasserwerk versorgt. So schreibt der Tornescher Bürgermeister Wilhelm Schildhauer am 29. Mai 1948: "In den Obergeschossen der Häuser kann mitunter den ganzen Tag über kein Wasser gezapft werden. Der Wasserdruck in den Leitungen ist nur sehr schwach." Das führe dazu, dass das Wasser mit Eimern in die Wohnungen gebracht werden müsse. Dafür seien die Preise im Vergleich zur Leistung viel zu hoch. Er drängte darauf, dass die seit Jahren vorliegenden Pläne, die Wasserleitung zu erweitern, "wenn irgendmöglich" nun umgesetzt werden. Doch dieses geschah nicht.

Knappe Kassen, unrentables Preissystem

In Uetersen und Tornesch waren nicht nur die Gemeindegelder knapp, sondern auch das Preissystem ist überholt und macht den Betrieb unrentabel, was Investitionen erheblich erschwerte. So gab es zwar bereits großenteils Wasseruhren. Doch es wurde noch immer nach Zahl der Zapfhähne und nicht nach Verbrauch abgerechnet. Dabei zahlte ein Haushalt für einen Zapfhahn 2,50 Mark, für jeden weiteren 0,50 Mark. Der Waschküchenhahn kostete für jede Partei, der die Waschküche zustand, 0,50 Mark. 1948 betrug der Durschnittsverdienst 184 Mark im Monat. Das heißt, für die Wasserversorgung zahlte ein Haushalt etwas mehr als zwei Prozent seines Einkommens.

Finanzierungsmodell Anschlusszwang

Tornesch war schon länger mit der Uetersener Wasserversorgung unzufrieden. Denn jedes neue Wohngebiet in Tornesch, das von der Uetersener Wasserversorgung versorgt werden sollte, war vom guten Willen der dortigen Stadtverwaltung abhängig.

Weil dieser Zustand die Entwicklung von Tornesch dauerhaft zu hemmen drohte, entschlossen sich die Gemeindevertreter, die Wasserversorgung mit Wirkung zum 1. November 1955 in eigene Hände zu übernehmen.

Um die Wasserleitung sicher finanzieren zu können, wollte die Gemeinde die Eigentümer in den jeweiligen Straßen mit einem Anschlusszwang belegen. Für die Hauptleitung solle ein Beitrag von 15 Mark je laufende Straßenfront gezahlt werden. Die anderen Kosten, Wassergeld und Grundgebühren, würden in gleicher Höhe, wie sie vorher von Uetersen erhoben wurden, an Tornesch zu zahlen sein.

Immerhin waren neben dem Kaufpreis des Wassernetzes von Uetersen 93.150 DM aufzubringen und für die Erweiterungen zwischen 1955 - 1956 nochmals 114.906 DM aufzubringen, wobei das Land einen Zuschuss von 40.000 DM gab.

Erörtert wurde, ob diejenigen, die sich vorher aus privaten Mitteln eine Wasserleitung hätten legen lassen, nun sich an die neue Leitung anschließen lassen müssten. Man beschloss den grundsätzlichen Anschlusszwang, fügte jedoch hinzu, dass über Ausnahmen und Härtefälle der Hauptausschuss entschieden werde.


Wasserpreis 1956

Monatliche Grundgebühr
Bis 5m³: 0,60 DM
Bis 50m³: 2,60 DM

Verbrauchsgebühr pro m³ nach Zähler
1 - 100 m³: 0,45 DM
101 - 300 m³: 0,40 DM


Die im folgenden Jahr ausgearbeitete Satzung enthielt zunächst Formulierungen, die eine ausschließliche Nutzung der zentralen Wasserversorgung für alle Zwecke als notwendig ansahen. Nach Protesten ergänzte man jedoch, dass für "Waschzwecke" auch Regenwasser verwendet werden dürfe. Über viele Details in der Satzung wurde in etlichen Sitzungen gerungen. Am 5.4.1956 hatten sich die unterschiedlichen politischen Fraktionen schließlich geeinigt. Wasser wurde nun über eine Grund- und eine Verbrauchsgebühr erhoben.

Zwischen Kostendeckung und Daseinsvorsorge

Eine Nachkalkulation der Kommunalaufsicht ergibt, dass Tornesch 1956 und 1957 den Bereich Wasserversorgung mit 8.886 und 7.565 DM Verlusten abgeschlossen hat. Als Gründe werden neben den Zinskosten für den Kauf des Netzes, höheren Personalaufwand ein wesentlich niedriger Wasserverbrauch und zu geringe Anschlussgebühren genannt. So gibt die Aufsichtsbehörde Tornesch den Auftrag, ihre Wasserpreise zu erhöhen.



Im Hamburger Echo erschien am 19. Februar 1960 ein Artikel, der die Auswirkungen der neuen Wasserpreise auf eine "Normalfamilie mit etwa vier Personen" erörtert:

"Die Grundgebühr soll sich um 20 Pfennig im Monat erhöhen, der Verbraucherpreis je Kubikmeter um 15 Pfennig. Bei einem Verbrauch von rund sechs Kubikmeter im Monat betrüge die Erhöhung 1,20 DM. Das ist der Gegenwert für eine Packung Zigaretten und zwei Schachteln Streichhölzer; oder anders gerechnet: Wenn der Familienvorstand etwa 200 Stunden im Monat arbeitet, dann müßte er von seinem Stundenlohn jeweil einen halben Pfennig für den erhöhten Wasserpreis aufbringen."

Der Wasserpreis von etwa 4,40 DM bei einer Durchschnittsfamilie entsprach 1960 etwa 0,9 % eines monatlichen Durchschnittslohn von 508 DM. Im Vergleich zum Einkommen von 1948 - hier waren es 2 % - war der Wasserpreis gesunken.


Offenbar sind die Preise immer sehr knapp kalkuliert. So will die Gemeinde einerseits der Daseinsvorsorge gerecht werden und einem sozialen Prinzip folgen; andererseits soll sich der Eigenbetrieb selbst erhalten und nicht laufend Zuschüsse der Gemeinde erfordern. Dieses Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Grundversorgung wird für Tornesch - wie auch alle anderen Gemeinden - auch in den Folgejahren bleiben.

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